Die Konfliktlösungskonferenz ist eine deliberative Methode in der Konzeptionsphase. Das Verfahren weist zahlreiche Gemeinsamkeiten mit der von der dänischen Behörde für Technikfolgenabschätzung erprobten Konsensuskonferenz und der von Peter Dienel entwickelten Planungszelle/Bürgergutachten auf. Außerdem haben amerikanische Verhandlungs- und Mediationstechniken Eingang in das Konzept gefunden. Hier sind vor allem die Konfliktmediation und das CODM-Modell von Tim Hartnett zu nennen.
Dem Konzept liegt der Gedanke zugrunde, eine Konfliktlösungsmethode für den kommunalen Kontext vorzulegen, die zur Anwendung kommen kann, wenn:
• die Durchführung eines Mediationsverfahren an Grenzen stößt, weil es gilt, eine Vielzahl an Gruppen mit unterschiedlichen Interessen einzubinden,
• die breite Öffentlichkeit ein hohes Interesse an der Lösung eines Konfliktes hat und das Verfahren deshalb nicht gänzlich vertraulich sein kann,
• externe Sachverständige nötig sind, die aus einer rein fachlichen Perspektive heraus die Grenzen und Möglichkeiten einer Lösungsstrategie eruieren.
Ablauf/Eckpunkte
Die Meilensteine auf dem Weg zur erfolgreichen Durchführung einer Konfliktlösungskonferenz sind eng mit den Kernphasen der Methode verbunden:
1. Vorbereitung: Interessengruppen und Moderation identifizieren,
2. Erster Konferenztag: Wünsche und Bedürfnisse herausarbeiten,
3. Zweiter Konferenztag: Fachliche Aspekte erschließen,
4. Dritter Konferenztag: Einvernehmliche Lösungen entwickeln,
5. Vierter Konferenztag: Bürgergutachten öffentlich vorstellen.
Ziel/Wirkung
Konfliktlösungskonferenzen zielen auf die Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins für kontroverse Themen und tragen zur Konfliktlösung in sozialen Systemen bei, z.B. in Städten oder Stadtteilen. Die Konferenz ergänzt so den oft allein von Fachexperten und Politikern geführten öffentlichen Diskurs durch die direkte Beteiligung der betroffenen lokalen Interessengruppen. Es geht darum, jene Bürger in Beratungs- und Entscheidungsfindungsprozesse einzubinden, die unmittelbar mit deren Konsequenzen leben müssen. Die Methode eignet sich für folgende Herausforderungen:
• Lösungsvorschläge für öffentliche Kontroversen einholen,
• Lösungen in einer konkreten Konfliktsituation erarbeiten,
• Schwachstellen und Stärken bisheriger Entscheidungen identifizieren,
• Diskurse zu gesellschaftlich wichtigen Themen initiieren.
Hinweise zur Umsetzung
1. Vorbereitung: Interessengruppen und Moderation identifizieren
Die Vorbereitungsphase einer Konfliktlösungskonferenz ist von zentraler Bedeutung für den ganzen Verfahrensverlauf. Die Vorbereitung nimmt viel Zeit in Anspruch und erfordert genaue Recherchen. Die Organisatoren sollten erfahren im Umgang mit gesellschaftlichen Kontroversen und Konflikten sein, denn sie sind nicht nur für alle organisatorischen Fragen zuständig, sondern auch für die Moderation der Konferenz. Sie erstellen ferner die Reinform des Bürgergutachtens und zeichnen sich für die Identifikation der Interessengruppen verantwortlich.
Zusammen mit den Moderatoren planen die Organisatoren den konkreten Ablauf der dreieinhalbtägigen Konferenz. Ein wichtiger Punkt betrifft die Erstellung einer Vorschlagsliste geeigneter Sachverständiger für die Beratungen mit den Interessengruppen sowie deren offizielle Einladung. Weitere wichtige organisatorische Aufgaben schließen die Bereitstellung entsprechender Fachliteratur und die Auswahl geeigneter Konferenzräume und -materialien ein.
Ebenso sollte eine über den gesamten Verlauf der Konferenz tragende Strategie der Öffentlichkeitsarbeit definiert werden. Das ist wesentlich, denn im Vergleich zur Mediation steht die Konfliktlösungskonferenz nicht für einen vertraulichen Prozess, sondern es handelt sich prinzipiell um eine öffentliche Veranstaltung. Vor Beginn der ersten Tagung muss exakt definiert sein, wann und wie die Medien über den Fortgang und die Ergebnisse der Konferenz unterrichtet werden.
Dem Organisationsteam sollten nur Personen angehören, die keinen mittelbaren bzw. unmittelbaren Bezug zum Thema (Konflikt) der Konferenz haben. Auf diesem Weg soll erreicht werden, dass die Methode nicht für Partikularinteressen missbraucht oder ihre Glaubwürdigkeit in Frage gestellt wird. Idealerweise setzt sich das Organisationsteam aus anerkannten unparteiischen Personen zusammen, die für eine professionelle und entscheidungsoffene Durchführung des Verfahrens bürgen und glaubhaft auf die Interessengruppen wirken.
Eine erfahrene und unparteiische Moderation ist über alle Etappen des Verfahrens hinweg eine der zentralen Voraussetzungen. Bürger und Interessengruppen, die sich etwa nicht kennen oder nicht gut aufeinander zu sprechen sind, müssen in kurzer Zeit zu einer arbeitsfähigen Gruppe zusammen wachsen und konkrete Ergebnisse vorlegen. Immer wieder gibt es Krisen zu bewältigen, die in allen Konferenzphasen auftreten können. Es geht also darum, das Motivationsniveau der Interessengruppen für eine gemeinsame Lösung hoch zu halten.
Die kontinuierliche Betreuung aller Interessengruppen an vier Konferenztagen überfordert einen Moderator oft, sodass besser zwei Personen diese Aufgabe übernehmen. Sie sollten ein breites Spektrum an Seminar- und Moderationsmethoden nutzen, um ein effizientes Arbeiten der Interessengruppen unterstützen sowie deren Wissens‐ und Erfahrungspotential in der knappen zur Verfügung stehenden Zeit ausschöpfen zu können. Die Moderation hat in den Verhandlungsrunden und in der Interaktion mit den geladenen Sachverständigen für eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Konferenzthema zu sorgen.
Für die Teilnahme an einer Konfliktlösungskonferenz müssen die entsandten Interessenvertreter die Bereitschaft mitbringen:
• ehrenamtlich an vier Tagen mit Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen die Kontroverse bzw. den Konflikt eingehend zu diskutieren,
• sich zwischen den Treffen Wissen zum Themenkreis anzueignen,
• die gesellschaftliche Herausforderung mit Sachverständigen zu erörtern,
• sich für andere Sichtweisen, Wünsche und Bedürfnisse zu öffnen,
• den anstrengenden Prozess der Lösungsfindung mitzutragen,
• die erzielten Lösungsvorschläge öffentlichkeitswirksam vorzustellen.
Eine 15- bis 50-köpfige Bürgergruppe kann nicht repräsentativ für die Gesellschaft stehen. Die große Herausforderung besteht vielmehr darin, die zentralen, vom Konflikt betroffenen Interessengruppen zu identifizieren. Diese entsenden eigenständig aus ihrem Umfeld jeweils fünf bevollmächtigte Vertreter. Bei der Auswahl der Vertreter sollte darauf geachtet werden, dass z.B. verschiedene Altersgruppen, Bildungsniveaus, soziale Milieus und beide Geschlechter beteiligt sind.
Zur Identifikation der relevanten Interessengruppen lassen sich diverse Verfahren der empirischen Sozialforschung (z.B. Beobachtung oder Interview) einsetzen. Es handelt sich hierbei um einen mehrstufigen Prozess, den es mit Blick auf jeden konkreten Fall gilt, individuell anzupassen. Teilstandardisierte Fragebögen können dabei helfen, soziale Daten, den Betroffenheitsgrad sowie die Motivation und die Gründe einer Teilnahme an der Konferenz zu erfassen. Basierend auf diesen Datensätzen lässt sich nach vorab festgelegten Kriterien der Teilnehmerkreis weiter spezifizieren und es lassen sich konkrete Einladungen aussprechen.
2. Erster Konferenztag: Wünsche und Bedürfnisse herausarbeiten
Auf einer Konfliktlösungskonferenz treffen Menschen mit unterschiedlichen Lebens‐ und Erfahrungshintergründen aufeinander. Der Wissensstand zum Konferenzthema wird unterschiedlich sein und viele Teilnehmer werden noch keine Erfahrungen mit partizipativen Verfahren gesammelt haben. Die daraus resultierende Unsicherheit müssen die Moderatoren den Teilnehmern rechtzeitig nehmen, damit aus den Interessengruppen schnell ein arbeitsfähiges Team entsteht. Der Leitsatz lautet: Jeder Bürger ist ein Experte seines Lebensumfeldes!
Am Anfang des ersten Treffens gilt es zudem, Verfahrensregeln für die Beratungen festzulegen. Die Interessengruppen müssen u.a. klären:
• Wie gehen wir respektvoll miteinander um?
• Wie verfahren wir bei Problemen innerhalb der Gruppe?
• Wann arbeiten wir?
• Wie viele Pausen brauchen wir?
• Wie gehen wir mit der Presse und der Öffentlichkeit um?
• Welche Arbeitsmethoden wählen wir?
• Wie gelangen wir zu Entscheidungen und Positionen?
Im Anschluss an die Klärung der verfahrenstechnischen Fragen beginnen die Interessengruppen mit der inhaltlichen Arbeit. In dieser ersten Phase widmen sich die Teilnehmer der Themen- bzw. Aspektesammlung. Sie sind aufgerufen, den Problemkreis zu erfassen und aus ihren interessengeleiteten Blickwinkeln heraus darzustellen, welche konkreten Konfliktlinien sie sehen. Als Ergebnis dieses ersten Treffens liegt eine Liste „Aspekte des Konflikts“ vor, die nach Wichtigkeit geordnet, die Positionen der einzelnen Lager beschreibt. Entsprechend der Prioritätensetzung werden die Aspekte bzw. Themen später verhandelt.
Ähnlich wie in der Verhandlungsphase eines Mediationsverfahrens geht es in Konfliktlösungskonferenzen um die Aufarbeitung von Kontroversen bzw. Konflikten. Die Gruppen erweitern ihre Wahrnehmung des Problemkreises, indem sie in einen engen Dialog miteinander treten. Jede Partei hat die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge ausführlich darzulegen und wird vom Moderator gezielt nach ihren Bedürfnissen und Interessen befragt. Es geht darum, möglichst alle wesentlichen Aspekte einer gesellschaftlichen Kontroverse bzw. eines Konfliktes ins Gespräch zu bringen.
Konfliktlösungskonferenzen haben dann Aussicht auf Erfolg, wenn die Parteien aufeinander zugehen und beginnen, sich für andere Sichtweisen und Blickwinkel zu öffnen. Deshalb müssen die Interessengruppen ihre Betroffenheit und Sicht der Dinge genau formulieren können. Je detaillierter und facettenreicher die Ausführungen ausfallen, umso leichter ist es grundsätzlich, die Bedürfnisse und Wünsche der anderen Seite zu verstehen und anzunehmen.
3. Zweiter Konferenztag: Fachaspekte erschließen
Das zweite Treffen einer Konfliktlösungskonferenz sollte mindestens eine Woche nach dem ersten Treffen stattfinden, denn es braucht Zeit, die vielen Informationen, Positionen und Meinungsäußerungen zu verarbeiten und zu ordnen. Der zeitliche Abstand ist außerdem wichtig, da am zweiten Konferenztag das Thema rein fachlich betrachtet wird. Standen während des ersten Treffens hauptsächlich die Interessen, Wünsche und Bedürfnisse der Gruppen im Mittelpunkt, so ist es beim zweiten Treffen das objektiv Machbare, der emotionslose fachliche Zugang.
In dieser Phase hören die Bürger mehrere Fachexperten, die in ihren Präsentationen den Problemkreis aus möglichst vielen unterschiedlichen Blickwinkeln (ökologische, soziale, rechtliche oder finanzielle Gesichtspunkte) heraus beleuchten. Nach jedem Vortrag, der jeweils nicht länger als 30 Minuten dauern sollten, können die Parteien Verständnisfragen stellen. Die Moderatoren haben darauf zu achten, dass die Gruppen nicht beginnen, die Vorträge der Experten zu kommentieren oder Koreferate zu halten, denn es geht in dieser Phase allein um eine Erweiterung des fachlichen Horizonts und um mehr Gespür für das tatsächlich Umsetzbare.
Bei der Auswahl der Experten ist zu bedenken, dass sie neben ihrer fachlichen Qualifikation nicht mittelbar oder unmittelbar vom Konflikt betroffen sind. Das würde ihre Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit in Frage stellen. Damit die Fachvorträge nicht am Thema vorbei gehen, werden die am ersten Konferenztag erstellten Dokumente den Experten vorab zugestellt. Nur wenn sie genaue Kenntnis von den Positionen der Interessengruppen haben, lassen sich spezifische Aussagen zu deren Realisierbarkeit und Integration treffen.
Nach den Fachvorträgen besteht die Möglichkeit, den Experten Fragen zu stellen. Die öffentliche Erörterung von komplizierten Fragen ist für viele Bürger eine neue Herausforderung. Die Experten haben sich darauf einzustellen, dass sie ihre Expertise nicht mit einem Fachpublikum teilen, sondern mit Laien arbeiten. Da auf einer Konfliktlösungskonferenz gesellschaftliche Kontroversen diskutiert werden und es nicht nur um einen Konflikt zwischen zwei Parteien geht, findet der zweite Konferenztag unter Einbezug der Öffentlichkeit statt.
Das gesprochene Wort wird wie am ersten Konferenztag durch Stenografen erfasst. Das ist wichtig, damit keine Details verloren gehen, die die Teilnehmer am dritten Konferenztag bei der Ausarbeitung bzw. Verhandlung einer gemeinsamen Lösungsidee benötigen. Auch die Präsentationsmaterialien der Experten sollten den Interessengruppen für ihre weitere Arbeit zur Verfügung stehen. Es ist sinnvoll, dass die Organisatoren gute Unterlagen zusammenstellen.
4. Dritter Konferenztag: Einvernehmliche Lösungen entwickeln
Das dritte Treffen steht ganz im Zeichen des Findens einer einvernehmlichen Lösung. Es geht darum, die Interessen und Bedürfnisse aller Gruppen (siehe Ergebnisse erster Konferenztag) miteinander in Einklang zu bringen und dabei das objektiv Machbare (siehe Ergebnisse des zweiten Konferenztages) nicht aus den Augen zu verlieren. Dabei handelt es sich um einen mehrstufigen Prozess:
• Die Teilnehmer beginnen mit dem Thema bzw. Themenaspekt, dem am ersten Konferenztag die höchste Priorität beigemessen wurde. Jede Interessengruppe ist aufgerufen, unabhängig voneinander einen konkreten Lösungsansatz auszuarbeiten und bestellt jeweils zwei Verhandlungsleiter.
• Die Aufgabe der Verhandlungsleiter besteht darin, den Gruppenvorschlag an einem separaten Verhandlungstisch vorzustellen. Nachdem alle Parteien ihre Ideen präsentiert haben, können die Verhandlungsführer und Moderatoren ermitteln, wo inhaltliche Schnittpunkte liegen. Sollten genügend inhaltliche Schnittpunkte vorliegen, so können sich die Interessengruppen dem nächsten Thema bzw. Aspekt zuwenden. Sollten die inhaltlichen Schnittpunkte für eine einvernehmliche Lösung nicht ausreichend sein, überweist der Moderator entweder Teile des Entwurfes oder den ganzen Entwurf zur Überarbeitung an die Gruppen zurück.
• Der Prozess des Hin- und Herüberweisens hält so lange an bis eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde oder eine Interessengruppe das Fazit „keine Lösung möglich“ zieht und die Verhandlungen abbricht. Der Prozess beginnt dann wieder von vorne mit dem nächsten Thema/Aspekt.
Eine wichtige Entscheidung, die die Interessengruppen treffen sollten, bevor sie die Entwürfe an die Verhandlungstische überweisen, betrifft das „Einigungsverfahren“. Es hat großen Einfluss auf die Arbeitsweise der Gruppen und die Form der Lösungsvorschläge. Drei klassische Verfahren (Abstimmung, Kompromiss und Konsens) und ein Sonderfall (keine Einigung) sind vorstellbar.
Der Sonderfall „keine Einigung“ findet dann Anwendung, wenn das Ziel der Konferenz nicht darin besteht, eine Einigung herbeizuführen, sondern das Interesse der Auftraggeber darin besteht, von den Interessengruppen Lösungsvorschläge für aktuelle Probleme zu erhalten. In diesem Fall werden die Vorschläge einfach zu einem Bürgergutachten zusammengefasst und der Öffentlichkeit übergeben. Welche Ideen die politischen Entscheidungsträger letztlich aufgreifen, darauf haben die Bürger keinen Einfluss.
Die Abstimmung ist ein Verfahren, in dem jeder Teilnehmer mehrere Stimmen, die sich panaschieren und kumulieren lassen, auf die Lösungsvorschläge der Gruppen verteilt. Nachdem alle Vorschläge vorgestellt wurden und jede Interessengruppe die Möglichkeit hatte, die Entwürfe aus ihrer Sicht zu kommentieren, lassen sie sich einmal zur Überarbeitung zurücküberweisen. Soll eine Lösung überzeugen, muss sie also möglichst die Interessen aller Gruppen einfangen, denn es wird jener Entwurf in das Bürgergutachten eingearbeitet und veröffentlicht, auf den die meisten Stimmen entfallen.
Die Kompromissmethode hält die Interessengruppen an, Abstriche bei ihrer Ausgangsposition zu machen. Der Moderator sendet die Lösungsvorschläge bzw. jene Teile davon, für die noch kein einvernehmliches Ergebnis vorliegt, so lange zwischen den Verhandlungs- und Gruppenarbeitstischen hin und her, bis ein tragfähiger Kompromiss gefunden wurde. Im Unterschied zur Abstimmung stellt das Verfahren sicher, dass die Gruppen aufeinander zugehen und keine Formulierung Eingang in das Bürgergutachten findet, der zuvor nicht alle Interessengruppen zugestimmt haben.
Ein Konsens liegt dann vor, wenn alle Interessen, Wünsche und Bedürfnisse der Interessengruppen zu einem gemeinsamen Lösungsvorschlag verarbeitet werden konnten. Die Arbeitsgruppen sind insofern aufgerufen, Lösungsvorschläge zu unterbreiten, die alle Interessen in ein Konzept überführen. Darin liegt das zentrale Ziel von Konfliktlösungskonferenzen. Sie suchen nicht nur den Ausgleich, sondern sollen Lösungen erzeugen, mit denen alle Gruppen langfristig gut leben können. Es geht um Win-Win-Lösungen.
Die Konsensfindung fordert in aller Regel viel Zeit, viel Know-How und Kreativität. Hierfür braucht es verschiedene Moderationstechniken und man kann davon ausgehen, dass Lösungsvorschläge mehrfach überarbeitet werden müssen. Der Zeitaufwand für das kräftezehrende Ringen um Formulierungen, die alle Teilnehmer mittragen können, wird dabei häufig unterschätzt und die Organisatoren sind gut beraten, alles Notwendige für lange Nachtschichten bzw. einen zweiten Verhandlungstag vorzubereiten.
5. Vierter Konferenztag: Bürgergutachten öffentlich vorstellen
Der vierte Tag bildet den Höhepunkt einer Konfliktlösungskonferenz. Hier stellen die Interessengruppen ihr Gutachten der breiten Öffentlichkeit vor. Es spiegelt letztlich die Lebens- und Berufserfahrung der Teilnehmer zum Konferenzthema wieder. Im Vorfeld des vierten Konferenztages kommt den Organisatoren noch einmal eine wichtige Aufgabe zu. Sie sind dafür zuständig, die von den Interessengruppen erarbeiteten Vorschläge und Positionen zu einem in sich schlüssigen, für die Öffentlichkeit bestimmten Dokument zusammenzustellen.
Das Gutachten ist für die Politik nicht bindend, kann Entscheidungsträgern jedoch helfen, rechtzeitig Konfliktlagen und Lösungsoptionen zu erkennen. In den Diskussionen mit der Öffentlichkeit wird es deshalb wahrscheinlich auch um die Frage gehen, in welcher Form die Lösungsvorschläge von den Entscheidungsträgern aufgegriffen werden. Denn jede erarbeitete Lösung ist nur so gut wie ihre allgemeine Akzeptanz und die Qualität ihrer Umsetzung. Die Anwesenheit wichtiger Akteure aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft ist ein Erfolgsindikator.
Kosten/Aufwand
Die Durchführung einer Konfliktlösungskonferenz ist vergleichsweise Ressourcenintensiv (10.000 bis 30.000 Euro), da:
- es sich um eine mehrtägige Veranstaltungen mit unterschiedlicher Teilnehmerzahl handelt,
- nicht nur die betroffenen Interessengruppen, sondern ebenso die breite Öffentlichkeit, die Medien und Fachexperten eingebunden werden.
Aufwand Teilnehmer
Für die Teilnahme an einer Konfliktlösungskonferenz müssen die entsandten Interessenvertreter die Bereitschaft mitbringen:
• ehrenamtlich an vier Tagen mit Vertretern unterschiedlicher Interessengruppen die Kontroverse bzw. den Konflikt eingehend zu diskutieren,
• sich zwischen den Treffen Wissen zum Themenkreis anzueignen,
• die gesellschaftliche Herausforderung mit Sachverständigen zu erörtern,
• sich für andere Sichtweisen, Wünsche und Bedürfnisse zu öffnen,
• den anstrengenden Prozess der Lösungsfindung mitzutragen,
• die erzielten Lösungsvorschläge öffentlichkeitswirksam vorzustellen.
Sinnvoll einzusetzen, wenn
Der Konfliktlösungskonferenz stellt eine Methode dar, die zur Anwendung kommen kann, wenn:
• die Durchführung eines Mediationsverfahren an Grenzen stößt, weil es gilt, eine Vielzahl an Gruppen mit unterschiedlichen Interessen einzubinden
• die breite Öffentlichkeit ein hohes Interesse an der Lösung eines Konfliktes hat und das Verfahren deshalb nicht gänzlich vertraulich sein kann
• externe Sachverständige nötig sind, die aus einer rein fachlichen Perspektive heraus die Grenzen und Möglichkeiten einer Lösungsstrategie eruieren.
Nicht sinnvoll einzusetzen, wenn
- das Konfliktlösungsverfahren gänzlich vertraulich verlaufen soll,
- die Einbindung externer Sachverständiger nicht notwendig ist,
- die Konfliktlinien derart verhärtet sind, dass die Erarbeitung einer einvernehmlichen Lösung unwahrscheinlich erscheint.
Ursprung
Die Konfliktlösungskonferenz ist eine deliberative Methode, konzipiert für die kommunale Ebene. Das von Dr. Peter Patze-Diordiychuk entwickelte Verfahren weist zahlreiche Gemeinsamkeiten mit der von der dänischen Behörde für Technikfolgenabschätzung erprobten Konsensuskonferenz und der von Peter Dienel entwickelten Planungszelle/Bürgergutachten auf. Außerdem haben amerikanische Verhandlungs- und Mediationstechniken Eingang in das Konzept gefunden. Hier sind vor allem die Konfliktmediation und das CODM-Modell von Tim Hartnett zu nennen.
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Dr. Peter Patze-Diordiychuk
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