Der geschlechtersensible Bürgerhaushalt verknüpfte die öffentliche Diskussion über die kommunale Haushaltsplanung der Stadt Freiburg mit einer Debatte über die Chancengleichheit von Männern und Frauen.
Ort
Dauer
Videos (Youtube/Vimeo)
Hintergrund
Eine Besonderheit des Freiburger Modells ist die Verknüpfung der Haushaltsplanungen mit dem Thema Geschlechtergerechtigkeit (Gender Budgeting). So galt es, in dem Diskurs herauszuarbeiten, welche Auswirkungen die Gewichtung der Mittelverteilung auf die Lebenssituation von Männern und Frauen sowie auf Migranten, Senioren und Kinder hat. Diese besondere Fragestellung veranlasste die Landesstiftung Baden-Württemberg dazu, das Projekt im Rahmen des Programms „Chancen=Gleichheit. Gleiche Chancen für Frauen und Männer“ zu fördern.
Ziel
Ziel des Beteiligungshaushaltes war es, einen öffentlichen Diskurs über den kommunalen Haushalt zu führen. Dabei galt es, über die Haushaltslage zu informieren und gleichzeitig Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger zu möglichen Investitionen und Einsparpotentialen zu erhalten.
Prozess
Vor der eigentlichen Beteiligung stellte die Stadtverwaltung allgemein verständliche Informationen über den Haushalt und die Auswirkungen von Mittelverschiebungen zusammen und gliederte die einzelnen Haushaltsposten nach Themengebieten. In einem zweiten Schritt erfolgte eine Befragung der Ämter und Dienststellen, um zu erfahren, welche Personengruppen die angebotenen Leistungen in Anspruch nehmen. Diese Informationen dienten als Grundlage für die öffentliche Diskussion über das Thema Chancengleichheit. Um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger für die Teilnahme an dem Bürgerhaushalt zu motivieren, wurde das Projekt intensiv beworben (u.a. Plakate, Broschüren, Infobusse, Infostände, Gesprächskreise, Workshops, Runder Tisch, Medienberichte). Dabei sollten neben der allgemeinen Öffentlichkeit insbesondere Mitglieder aus Verbänden, Vereinen und Institutionen für die Teilnahme mobilisiert werden.
Das Beteiligungsverfahren setzte sich aus drei Bausteinen zusammen, die nacheinander „geschaltet“ wurden. Am Anfang stand eine repräsentative Befragung zum Beteiligungshaushalt. Rund 2.500 Personen füllten den Fragebogen aus und gaben ihre Rückmeldung zu den Zielen der Stadtpolitik, der Arbeit des Gemeinderates, dem Informationsbedarf zum kommunalen Haushalt und zu Gewichtungsfragen. Die Ergebnisse der Befragung dienten als Grundlage der weiteren Diskussion.
Anschließend wurde die Diskussion auf eine Internet-Plattform verlagert. Hier hatten die Bürgerinnen und Bürger über einen Zeitraum von sechs Wochen die Gelegenheit, ihren eigenen Haushalt aufzustellen, Haushaltsposten zu verändern und ihre Entscheidungen zu begründen. Die inhaltliche Diskussion setzte sich in einem moderierten Online-Forum fort. Hier konnten die Vorschläge in gemeinsam bearbeitbaren Wikis ausformuliert werden. Zusätzlich wurde ein gesondertes Forum zum Thema Chancengleichheit angeboten. Die Online-Diskussion wurde jeden Abend von einem Moderatorenteam zusammengefasst.
Zum Abschluss der Haushaltsdebatte fand eine Stadtkonferenz statt, zu der alle Einwohnerinnen und Einwohner Freiburgs eingeladen wurden. Die moderierte Konferenz dauerte eineinhalb Tage. Die Teilnehmenden diskutierten zunächst in wechselnden Arbeitsgruppen über die künftige Entwicklung Freiburgs. Anschließend wurden die Ergebnisse im Plenum reflektiert und bewertet. Die Ziele mit den meisten Stimmen wurden erneut in Arbeitsgruppen diskutiert. In einer zweiten Phase konzentrierte sich die Debatte auf die Chancengleichheit von Männern und Frauen sowie auf einzelne Haushaltsposten. Zum Abschluss der Konferenz konnten die Teilnehmenden Empfehlungen zur Gewichtung der Haushaltsposten abgeben. Während der Konferenz standen städtische Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Haushaltsposten für Fragen zur Verfügung.
Ergebnisse
auf. In dem Online-Forum wurden rund 750 Beiträge erstellt. 16 Verbesserungsvorschläge wurden in Wikis ausgearbeitet. An der Stadtkonferenz nahmen rund 200 Bürgerinnen und Bürger teil.
Bei allen drei Beteiligungsbausteinen zeigten sich Übereinstimmungen in der Gewichtungsentscheidung der Bürgerinnen und Bürger. So sprachen sie sich sowohl bei der Befragung, der Online-Diskussion als auch der Stadtkonferenz für Investitionen in den Bereichen Bildung, Schulen und Betreuungsangebote für Kinder aus. Bei der Auswahl der zu fördernden Bereiche waren sich Frauen und Männer überwiegend einig.
Die Ergebnisse der Beteiligung gingen in die Beratungen des Gemeinderats über den Doppelhaushalt 2009/2010 ein. In der dortigen Haushaltsdiskussion bezogen sich 26 Anträge auf den Beteiligungshaushalt. Fast alle dieser Anträge gingen schließlich in den Doppelhaushalt ein.
Im Anschluss an das Verfahren beschloss der Gemeinderat, die repräsentative Bürgerbefragung in einem zweijährigen Rhythmus durchzuführen und darauf aufbauend eine Online-Diskussion anzuregen. Der zweite Freiburger Beteiligungshaushalt fand von Ende 2010 bis Anfang 2011 statt. Die Stadtkonferenz wurde in dieser Form nicht fortgesetzt. Sie könnte in Zukunft in einem kleineren Rahmen auf Ebene der Stadtteile stattfinden.
Externe Links
Kontakt
Annette Schubert
Persönliche Referentin des Oberbürgermeisters/Projektleiterin „Geschlechtersensibler Beteiligungshaushalt Freiburg 2009/2010“
Rathausplatz 2-4
79098 Freiburg
E-Mail: annette.schubert@stadt.freiburg.de