Bei der Aktivierenden Befragung handelt es sich um ein persönliches Interview, bei dem die Meinungen und Bedürfnisse der Befragten erhoben werden und sie gleichzeitig dazu motiviert werden sollen, ihre Sichtweisen und Ideen aktiv zu vertreten und sich für deren Umsetzung zu engagieren.
Ablauf/Eckpunkte
Bevor die Interviews stattfinden können, ist es zunächst erforderlich, den Gegenstand oder das jeweilige Themengebiet zu erfassen. Zu diesem Zweck können neben der Auswertung von Materialien und Beobachtungen bereits erste Interviews mit Betroffenen und Schlüsselpersonen geführt werden. In dieser Phase wird auch das Befragungsgebiet identifiziert, das eine überschaubare Anzahl von Haushalten umfassen sollte.
Das eigentliche Interview wird vorab schriftlich angekündigt und findet meist in den Wohnungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer statt. Es wird von einem geschulten Interviewer im persönlichen Gespräch durchgeführt. Die Befragung erfolgt auf Basis eines Leitfadens, die Fragen sind jedoch offen, d.h. es gibt keine vorformulierten Antwortmöglichkeiten. Die Befragten selbst steuern die Themen und Inhalte des Interviews. Ziel der Befragung ist es einerseits, etwas über die Sichtweisen, Bedürfnisse, Probleme und Ängste der Teilnehmerinnen und Teilnehmer (z.B. in Bezug auf ihren Stadtteil) zu erfahren. Andererseits werden die Befragten nach ihren eigenen Lösungsideen gefragt und erkundet, ob sie ein Interesse daran haben, sich für die Umsetzung dieser Ideen einzusetzen.
Nach Abschluss der Befragungen werden die Interviews ausgewertet und die Ergebnisse auf einer Bürgerversammlung vorgestellt. Den Teilnehmenden wird die Möglichkeit gegeben, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Auf Basis dieses Austauschs und der Interviews können interessenspezifische Arbeitsgruppen gebildet werden, die die Umsetzung der Vorschläge begleiten.
Ziel/Wirkung
Die Aktivierende Befragung ist nicht als einmaliger Termin, sondern als langfristiger Prozess angelegt. Dabei ist das Ziel, mehr über die Interessen und Sichtweisen der Bürgerinnen und Bürger zu erfahren und sie langfristig dazu zu motivieren, sich für diese Interessen einzusetzen, sich zu organisieren und mit anderen Betroffenen zusammenzuschließen.
Hinweise zur Umsetzung
Das Verfahren eignet sich besonders für die Stadtteilarbeit und Gemeinschaftsentwicklung in einem kleinen Rahmen. Hier können gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern Lösungen für Probleme erarbeitet werden, die sie unmittelbar betreffen. Auf Seite der Entscheidungsträger muss die grundlegende Bereitschaft bestehen, die Vorschläge der Befragten auch tatsächlich umzusetzen. Dies ist besonders zu Beginn von Projekten möglich.
Kosten/Aufwand
Da Aktivierende Befragungen als langfristige Prozesse angelegt sind, erfordern sie eine entsprechend langfristige Organisation und Vorbereitung. Die Kosten und der Aufwand variieren je nach Umfang der Befragung (Gebiet, Anzahl der Befragten, Zeit).
Aufwand Teilnehmer
Das eigentliche Interview dauert normalerweise ca. 30 Minuten, kann aber auch kürzer oder länger ausfallen. Unter Umständen können wiederholte Gespräche stattfinden. Im Optimalfall engagieren sich die Teilnehmer auch im weiteren Prozess auf Bürgerversammlungen und bei der Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen.
Sinnvoll einzusetzen, wenn
- ein Interesse daran besteht, die Bürgerinnen und Bürger langfristig zu beteiligen und sie auch in die Umsetzung der Ergebnisse einzubeziehen
- Ressourcen und Personal vorhanden sind, um die Befragten auch nach den Interviews bei der Umsetzung ihrer Ideen zu begleiten
- den Befragten selbst die Entscheidung überlassen wird, ob und in welchen Bereichen sie sich engagieren wollen
Nicht sinnvoll einzusetzen, wenn
- die Entscheidungsträger nicht dazu bereit sind, die Vorschläge der Befragten anzunehmen
- die Befragungsergebnisse nicht transparent gemacht werden
- Bürgerinnen und Bürger von einer vorher bestimmten Maßnahme überzeugt werden sollen
- kein qualifiziertes Personal für die Durchführung der Interviews zur Verfügung steht
- die Problemzusammenhänge sehr komplex sind
- Antworten auf Ja/Nein-Fragen gefunden werden sollen
Stärken
- die Bürgerinnen und Bürger handeln selbstbestimmt, können ihre Interessen äußern und ihr unmittelbares Lebensumfeld mitgestalten
- die Befragten können sich mit anderen Betroffenen vernetzen
- die Befragten setzen sich mit ihren Interessen auseinander
Schwächen
- die Befragung führt nicht zwangsläufig zu einer Aktivierung der Befragten
- personal- und zeitaufwändig