Design Thinking = erfinderisches Denken, um neue Lösungen für komplexe Herausforderungen zu finden.
Für viele gesellschaftlichen Herausforderungen lassen sich tragfähige Lösungen finden, wenn Menschen unterschiedlicher Disziplinen dafür zusammenarbeiten. Das Design Thinking (DT) fördert genau diese Art von Gruppenarbeit. Das Verfahren orientiert sich an der Arbeit von Designern und stellt eine Kombination aus Verstehen, Beobachtung, Ideenfindung, Verfeinerung, Ausführung und, im Kern, Lernen da.
Dies spiegelt sich im Ablauf wider: Die Methode besteht aus sechs klar definierten Prozessschritten. Deren Abfolge ist jedoch nicht streng linear, im Gegenteil. Ein wesentlicher Aspekt von DT ist das iterative Vorgehen, d.h. man kann und soll jederzeit ein oder mehrere Schritte vor und zurückgehen, bis das Ergebnis "rund ist". Dies bedeutet insbesondere, dass durch die gefundene Lösung die Bedürfnisse und Motivationen der Menschen, welche "am Ende" die Anwender und Nutzer der jeweiligen Ergebnisse sind, umfassend berücksichtigt und einbezogen wurden.
Design Thinking kann somit als lösungsorientiertes Beteiligungsverfahren beschrieben werden, bei dem die betroffenen Menschen wirklich im Mittelpunkt stehen.
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Ablauf/Eckpunkte
Der Design Thinking Prozess besteht aus zwei Hauptblöcken: Die Analyse der Herausforderung und das Auffinden einer innovatien Lösung hierfür. Jeder der beiden Blöcke ist wiederum in jeweils drei Arbeitsschritte unterteilt.
A) Die Herausforderung (oder Problemraum)
1. Schritt: Verständigung
Design Thinking ist Arbeiten in einer heterogenen, vielfältigen Gruppe. Daher beginnt der Prozesses damit ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln, was die eigentliche Herausforderung ist, die bewältigt werden soll. Es geht darum die "richtige Frage" aufzuspüren, die alle Beteiligten bewegt. Dazu gehört das Arbeitsfeld zu definieren und abzugrenzen, welches im Mittelpunkt des gemeinschaftlichen Tuns stehen soll. Orientierungsfragen sind hierbei: welche gesellschaftlichen Gruppen sind betroffen und müssen berücksichtigt werden - und welche nicht? Und liegt eine klare räumliche und zeitliche Eingrenzung für die Herausforderung vor?
2. Schritt: Beobachtung
Wenn das "was" der Herausforderung geklärt ist, geht es im zweiten Schritt darum, dieses umfassend zu erforschen. Wichtig ist hier, nach allen Seiten offen zu schauen und möglichst breit Erkenntnisse zu sammeln. Orientierungsfragen sind hierbei: Wie erleben die Betroffenen die erfasste Herausforderung? Was denken und sagen sie dazu? Und warum sprechen sie andere Sachverhalte nicht aus - und welche sind das? Kurz gefasst geht es darum, wirkliche Empathie für die betroffenen Menschen und ihre Situation zu enwickeln. Es empfiehlt sich in diesem Schritt ganz konkret "raus zu gehen", Interviews zu führen, wenn möglich konkrete Orte zu besuchen, zu erleben, die Geschichten der Menschen dort zu sammeln, die sie sich erzählen, etc.
3. Schritt: Definition
Nun gilt es die Fülle an Eindrücken aus dem vorherigen Schritt zu verdichten. Ziel ist es, jenes Kernproblem für die gewählte Herausforderung zu definieren, für das dann im zweiten Block eine Lösung gefunden werden kann. Dabei ist es oft hilfreich eine fiktive Person zu beschreiben, die repräsentativ für die betroffene gesellschaftliche Gruppe steht - und diese Beschreibung möglichst konkret auszuführen.
B) Die Lösung
4. Schritt: Ideen
In diesem Schritt ist Kreativität gefragt. Für das zuvor definierte Kernproblem werden so viele Lösungsideen wie möglich "gesponnen" - mit Worten und mehr noch mit Bildern, Zeichnungen, Skizzen, etc. Alles ist erlaubt und erhält seinen Raum. Hier können vielfältige Kreativitätstechniken verwendet werden, z.B. Brainstorming, die 6-3-5-Methode, usw. Wichtig ist hier, erst einmal alle aufkommenden Idee zu zulassen und zu sammeln, seien sie im ersten Moment auch noch so "versponnen".
5. Schritt: Prototypen
Die nun folgende Auswahl der passenden Lösungen aus der Fülle an Einfällen in Schritt 4 geschieht dadurch, dass die gesammelten Ideen auf ihre Praxistauglichkeit hin untersucht werden. Dabei können und sollen die Einfälle miteinander kombiniert werden, woraus oft eine neue und verbesserte Lösung entsteht. Um erfolgsversprechende Ideen konkret zu testen, werden Prototypen für ausgewählte Entwürfe erstellt, damit diese konkret erlebbar werden. Prototypen können dabei u.a. Collagen, Theateraufführungen, technische Konstruktionen, etc. sein. Wichtig ist, dass die Ideen praktisch erfahrbar und anfassbar werden.
6. Schritt: Testen
Die ausgearbeitete Protoypen werden nun mit den Menschen vor Ort getestet und auf ihre Anwendbarkeit hin untersucht. Hierdurch zeigt sich schnell, ob eine bestimmte Idee den betroffenen Menschen bei ihren Herausforderungen wirklich von Nutzen ist. Betroffene werden zu Beteiligten, wenn es um die praktische Lösung ihrer Probleme geht. Es entsteht so in relativ kurzer Zeit konkretes Erfahrungswissen über das ausgewählte Arbeitsfeld.
An jeder Stelle des Prozesses kann man 1-2 Schritte zurückgehen, wenn man merkt, es hakt irgendwo oder die Ergebnisse sind nicht befriedigend. Wenn beispielsweise beim Ideen (Schritt 4) sammeln sich herausstellt, dass wichtige Informationen über die betroffenen Personen übersehen wurden, geht man einfach zurück zu Schritt 2 und setzt sort wieder ein.
Ziel/Wirkung
Design Thinking hilft, für eine soziale Herausforderung Lösungen zu finden, die den betroffenen Menschen wirklich nutzen und praktikabel sind. Die Methode macht dabei Betroffene zu Beteiligten.
Hinweise zur Umsetzung
Design Thinking funktioniert am Besten, wenn das Projektteam heterogen zusammen gesetzt ist, d.h. hier Menschen aus verschiedenen Berufen, Atltergruppen, Alterstufen, sozialen Hintergrund, Männer und Frauen, etc. zusammen arbeiten.
Das Arbeitsumfeld für das Projektteam sollte so gestaltet sein, dass es die Kreativität anregt und Perspektivwechsel zu läßt. Gearbeitet wird nicht nur mit Stift und Papier, sondern auch mit Schere, Klebstift, Malsachen, Collagenblättern, Lego, etc.
Kosten/Aufwand
Kosten entstehen primär für Arbeitsmaterial wie Papier, Schere, Malstifte, Bastelmaterial, etc.
Aufwand Teilnehmer
Teilnehmer müssen vor alle Zeit mit bringen, ein erfolgreicher Design Thinking Prozess dauert minimum 1 Tag, besser sind 2-3 Tage.
Sinnvoll einzusetzen, wenn
- konkrete Maßnahmen benötigt werden
- Gestaltungspielraum für neue Lösungen vorhanden ist
- Ideen gesucht werden, die von den betroffenen Menschen im Alltag genutzt werden
- eine heterogene Gruppe von Menschen an dem Prozess beteiligt werden soll
Nicht sinnvoll einzusetzen, wenn
- Interessenskonflikte zu groß sind
- Kompromisse ausgehandelt werden sollen
- Zukunftsvisionen oder Leitbilder erarbeitet werden sollen
Stärken
- Praxis orientiert
- Betroffene werden zu aktiv Beteiligten
- nutzbare, praktikable Lösungen entstehen
- Lernorientiert
Schwächen
- verlangt kreatives Denken
- stellt bestehende (politische) Positionen konsequent in Frage, kann damit Verunsicherung bei den Beteiligten auslösen
- setzt Pragmatismus und Veränderungsbereitschaft voraus
Ursprung
Entwickler und Vertreter der Methode sind der Informatiker Terry Winograd, Larry Leifer und David Kelley, der Gründer der Design- und Innovationsagentur IDEO.
In Deutschland werden die Prinzipien des Design Thinking seit Oktober 2007 an der School of Design Thinking am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam gelehrt.