Die Delphi-Befragung ist ein mehrstufiges Befragungsverfahren, bei dem Experten Prognosen zu einem bestimmten Thema abgeben. Die Fragebögen werden in Abhängigkeit von den Antworten der Befragten während des gesamten Prozesses weiterentwickelt.
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Ablauf/Eckpunkte
Anhand von Delphi-Befragungen können Prognosen über mögliche Zukunftsentwicklungen eingeholt werden. Durch die individuelle Befragung der Teilnehmer sollen bestimmte Gruppendynamiken, wie die Dominanz einzelner Teilnehmer, ausgeschlossen werden. Zur Durchführung können verschiedene Befragungsarten verwendet werden. Die Befragungen können persönlich, online oder postalisch erfolgen. In Online-Verfahren erhalten die Teilnehmer Login-Daten und Passwörter, um die Webseite samt Fragebogen aufzurufen.
Während der ersten Befragungsrunde werden die Teilnehmer entweder gebeten, in offenen Fragen Problemfelder zu identifizieren und ihre Ideen zu äußern oder geschlossene Fragen, z.B. zu Entwicklungszeiträumen, zu beantworten.
Die Ergebnisse der ersten Befragung gehen in den zweiten Fragebogen ein, den erneut alle Teilnehmer erhalten. Hier finden sich alle Ideen und Prognosen, die die Teilnehmer in der ersten Runde geäußert haben in anonymisierter Form. Die Befragten können nun die gemachten Vorschläge konkretisieren, ihre Vor- und Nachteile kommentieren und neue Ideen einbringen.
Dieser Prozess wiederholt sich in einer dritten Befragungsrunde und kann so oft fortgesetzt werden, bis im Hinblick auf zentrale Aspekte ein Konsens erzielt wird. Am Ende des Prozesses steht entweder ein Konsens unter den Teilnehmern zu wahrscheinlichen künftigen Entwicklungen oder eine Liste möglicher Entwicklungen samt ihrer Vor- und Nachteile.
Ziel/Wirkung
Die Methode eignet sich, um Prognosen zu aktuellen Entwicklungen oder Problemen einzuholen.
Hinweise zur Umsetzung
Die Befragungsteilnehmer verfügen über Expertenwissen auf dem Themengebiet. Ihre Expertise kann sich aus einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung ergeben, kann aber ebenso praktisch bedingt sein. Es ist wichtig, dass die Teilnehmer eine große Vielfalt an Perspektiven und Ansichten vertreten, so dass ein produktiver Austausch zustande kommen kann. An dem Verfahren können 10 bis 50 Personen teilnehmen.
Kosten/Aufwand
Die Kosten bewegen sich im niedrigen und mittleren Bereich. In den meisten Fällen entfallen Kosten für Veranstaltungsorte und Transport, da die Fragebögen den Teilnehmern individuell zugeschickt werden. Hier entstehen wiederum Kosten für den postalischen Versand oder die Erstellung eines Online-Fragebogens. In manchen Fällen kann es angemessen sein, die Teilnehmer für ihre Beteiligung zu entlohnen.
Unter Umständen kann es viel Zeit in Anspruch nehmen, die Teilnehmer daran zu erinnern und zu motivieren, die Fragebögen auszufüllen.
Aufwand Teilnehmer
Die Befragten sind oft vielbeschäftigt. Entsprechend ist es nötig, ihnen für das Ausfüllen der einzelnen Fragebögen mehrere Wochen oder Monate zu geben. Da sich das Verfahren über mehrere Runden erstreckt, ist es wichtig, die Teilnehmer vorab über den zeitlichen Umfang ihrer Arbeit in Kenntnis zu setzen.
Sinnvoll einzusetzen, wenn
- eine Experteneinschätzung eingeholt werden soll, ohne zu riskieren, dass die Ergebnisse durch Gruppeneffekte verzerrt werden
- eine Prognose zu einem Thema erstellt werden soll, zu dem noch wenige Informationen vorliegen
Nicht sinnvoll einzusetzen, wenn
- die Teilnehmer sich vernetzen und in einen kontinuierlichen Dialog treten sollen
- Entscheidungen direkt getroffen werden sollen
- das Themengebiet schon erschlossen ist und nun Handlungsstrategien entwickelt werden sollen
Stärken
- die Teilnehmer können selbst bestimmen, wann sie den Fragebogen ausfüllen wollen
- die Befragten können frei ihre Meinungen äußern und die Ideen anderer kritisieren, da der gesamte Prozess anonym verläuft
- die Diskussionen werden nicht von einer Person dominiert
- die Aufteilung über mehrere Befragungsrunden sorgt dafür, dass eine Vielfalt an Ideen zusammengetragen wird, die in einer einmaligen Befragung nicht generiert werden könnten
Schwächen
- es kann schwierig sein, die Gruppe zu koordinieren und zu motivieren
- beschränkt sich auf die Prognose künftiger Entwicklungen, sieht nicht die Abgabe von Handlungsempfehlungen vor
- die Ergebnisse können durch die Befangenheit der Teilnehmer beeinflusst werden
Ursprung
Die Delphi-Methode wurde von der Rand Corporation für das amerikanische Militär entwickelt, um künftige technische Entwicklungen zu prognostizieren. Seitdem wurde sie vor allem in wissenschaftlichen und technischen Kontexten verwendet, um Expertenprognosen zu technischen Entwicklungen, insbesondere im Bereich der Kriegsführung, einzuholen.