Anhand der Methode kann ermittelt werden, welcher Zusammenhang zwischen Meinungen und Faktenwissen besteht. Während des Beteiligungsprozesses wird beobachtet, wie sich die Meinungsbilder innerhalb einer Testgruppe von Bürgern verändern, je mehr Informationen sie zu einem Thema erhalten. Das Verfahren ist aufgrund der hohen Teilnehmerzahl statistisch repräsentativ.
Ablauf/Eckpunkte
Die zufällig ausgewählte Stichprobe wird zu einem bestimmten Thema befragt. Nach dieser ersten Befragung werden die Teilnehmer eingeladen, sich im Rahmen einer mehrtägigen Veranstaltung zu dem Thema auszutauschen. Dazu werden ihnen Informationsmaterialien zur Verfügung gestellt, die auch öffentlich zugänglich sind. Unter Anleitung eines Moderators entwickeln die Teilnehmer in kleinen Gruppen Fragen, die sie im Anschluss einer Expertengruppe stellen.
Nach dieser Phase der Information und Diskussion erhalten die Teilnehmer erneut den Fragebogen, den sie schon zu Beginn des Verfahrens ausgefüllt haben. Ergeben sich Verschiebungen zwischen den beiden Befragungsrunden, werden diese auf den Wissensgewinn der Teilnehmer zurückgeführt. Hier wird angenommen, dass sich die Meinung der breiten Öffentlichkeit zu bestimmten Themen ebenfalls ändern würde, wenn sie mehr darüber wüssten.
Deliberative Polling führt zu einer deutlichen und statistisch signifikanten Meinungsänderung unter den Teilnehmern. Folgestudien zeigen jedoch, dass einige dieser Veränderungen sich mit der Zeit umkehren. Deliberative Polling findet oft in Kooperation mit Rundfunkanstalten statt, die den Prozess begleiten und ausstrahlen, um die Öffentlichkeit an dem Informationsprozess teilhaben zu lassen.
Ziel/Wirkung
Deliberative Polls ermitteln, wie Faktenwissen und intensive Diskussion die Meinung einer Stichprobe zu einem Thema beeinflussen können. Die Ergebnisse können anzeigen, welche Forderungen eine informierte Öffentlichkeit an Politiker und Entscheidungsträger stellen würde.
Hinweise zur Umsetzung
Die Methode eignet sich für Großgruppen von 200 bis 600 Personen. Es ist dabei wichtig, dass die Teilnehmer eine repräsentative Bevölkerungsauswahl darstellen. Wenn durch eine Zufallsauswahl gesellschaftliche Randgruppen ausgeschlossen werden, ist eine inklusivere Auswahlmethode zu wählen.
Kosten/Aufwand
Die Kosten belaufen sich mindestens auf 30.000 Euro. Für die Vorbereitung und Durchführung sollten mindestens sechs Monate eingeplant werden.
Aufwand Teilnehmer
Die Befragung findet über mehrere Tage verteilt statt. Die erste Vorbefragung findet in der Regel an einem Wochenende einige Monate vor der Hauptveranstaltung statt. Hier können sich die Teilnehmer bereits mit dem Thema vertraut machen.
Sinnvoll einzusetzen, wenn
- Bürger zu einem Thema befragt werden sollen, zu dem sie ein relativ geringes fachliches Vorwissen haben bzw. kein oder nur ein geringes Verständnis von den politischen Aushandlungsprozessen
- vermittelt einen statistisch repräsentativen Einblick, wie die informierte Meinung der Öffentlichkeit aussehen könnte
Nicht sinnvoll einzusetzen, wenn
- das Thema nicht kontrovers ist bzw. das Thema und die politischen Aushandlungen in der Öffentlichkeit bereits bekannt sind
- die Beziehungen zwischen verschiedenen Teilnehmergruppen verbessert oder ein Konsens erzielt werden soll
- eine direkte Entscheidung angestrebt wird
Stärken
- ist statistisch repräsentativ, ermöglicht aber trotzdem Interaktion und Deliberation
- repräsentativer als andere Methoden wie z.B. Konsensuskonferenzen
- die Bürger erhalten ein besseres Verständnis von der Komplexität mancher Sachverhalte
- bezieht Personen mit ein, die sich normalerweise vielleicht nicht beteiligen würden
- verdeutlicht Unterschiede zwischen informierten und uninformierten Meinungen
Schwächen
- teuer
- ermittelt keine qualitativen Daten
- soll eine breitere Öffentlichkeit einbezogen werden, ist man auf TV-Übertragungen angewiesen
- im Vergleich zu anderen Verfahren (z.B. Konsensuskonferenzen) sind die Möglichkeiten der Teilnehmer, Experten auszuwählen und zu befragen bzw. die Fragen zu erarbeiten, eingeschränkter
Ursprung
Das Verfahren wurde von US-amerikanischen Wissenschaftlern entwickelt.