Heutzutage kommt die Zufallsauswahl von Bürger:innen hauptsächlich in Beteiligungsprozessen zur Anwendung. Sie kann ein wirkungsvolles Werkzeug sein, um eine breite Vielfalt von Menschen an politischen Prozessen zu beteiligen. Jede:r hat die gleiche Chance gehört zu werden. Bürger:innen mit unterschiedlichen Meinungen und Perspektiven verständigen sich auf einen gemeinsamen Vorschlag. So bekommen Politiker:innen einen unverfälschten Input aus der Mitte der Gesellschaft zu ausgewählten Themen.
Ablauf/Eckpunkte
- Vorbereiten: Worüber sollten die Teilnehmer:innen debattieren? Was ist die Zielbevölkerung? Wie vielfältig sollte sie sein? Wie lange sollte der Prozess dauern?
- Anpassen: Kriterien für die Auswahl der Teilnehmer:innen werden definiert: Soziodemographische Kriterien: z.B. Geschlecht, Alter, Wohnort. Projektrelevante Kriterien: z.B. Bildungsniveau, Einkommen, Meinungen zu bestimmten Themen.
- Umsetzen: Einladen: Eine gute Einladung ist der Schlüssel, potenzielle Teilnehmer:innen zu erreichen und sie von einer Teilnahme zu überzeugen. Rekrutierung: Anreize und gute Informationen können die Rücklaufquoten erhöhen.
- Auswerten: Folgende Probleme können auftreten: Einige Gruppen sind unterrepräsentiert. - Lösung: Anpassung mit zusätzlichen Kriterien. Zu wenig Anmeldungen - Lösung: Weitere Rekrutierungsrunden.
Ziel/Wirkung
- Unterschiedlichen Gruppen und Meinungen Gehör verschaffen: Jung und alt, männlich und weiblich, unterschiedliche Bildungshintergründe, unterschiedliche kulturelle Hintergründe: Die Gesellschaft wird in all ihrer Vielschichtigkeit vertreten.
- Unterschiede berücksichtigen: Zufallsauswahl berücksichtigt gesellschaftliche Unterschiede. Sie hilft dabei, unterschiedliche Gruppen, Meinungen und Interessen an einen Tisch zu bringen.
- Bessere Deliberation: Ein offener und inklusiver Diskurs. Die aktive Beteiligung unterschiedlicher Gruppen und Hintergründe führt zu ausgeglicheneren und reflektierteren Diskussionen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Argumente.
- Bessere Beratung für politische Entscheider:innen: Die Diskussionsergebnisse spiegeln die Gesellschaft in ihrer Vielfalt wider und helfen Entscheidungsträger:innen dabei, gute Lösungen zu finden.
Kosten/Aufwand
Der Prozess, insbesondere während der Vorbereitungsphase, ist zeit- und ressourcenaufwändig.
Stärken
- Inklusivität: Zufallsauswahl bietet jedem/r dieselbe Chance auf Beteiligung. Jede:r Bürger:in hat die gleiche Chance, ausgewählt zu werden.
- Diversität: Durch Zufallsauswahl gelingt es, Gruppen und Bürger:innen zu aktivieren, die sich normalerweise nicht beteiligen.
- Unabhängigkeit: Die Zufallsauswahl richtet sich an die durchschnittlichen Bürger:innen. Dies macht es unwahrscheinlich, dass organisierte Interessen die Debatte dominieren. Niemand bekommt eine Sonderbehandlung.
- Legitimität: Die Beteiligung einer Vielzahl von Gruppen und Meinungen erhöht oft die Qualität und Akzeptanz der Ergebnisse.
Schwächen
- Inklusivität: Kann nicht erzwungen werden. Wenn bestimmte Gruppen zurückhaltend sind, wird es schwer, sie zu aktivieren.
- Diversität: Um Vielfalt herzustellen, benötigen Prozesse mit Zufallsauswahl bedeutende Ressourcen und Zeit zur Vorbereitung – mehr als andere Werkzeuge.
- Unabhängigkeit: Es ist sinnvoll, auch Expert:innen und andere Interessensgruppen zu beteiligen. Dies ermöglicht es den Bürger:innen, relevantes Fachwissen und alle Interessen und Sichtweisen zu berücksichtigen.
- Legitimität: Die Zufallsauswahl verbessert Beteiligungsprozesse, ist aber in der Bevölkerung weitgehend unbekannt. Wahlen sind immer noch das am stärksten akzeptierte demokratische Verfahren.
Ursprung
Bereits in der Antike wurde die Zufallsauswahl als ein Werkzeug für mehr Vielfalt verwendet: Im Griechenland der Antike wurden regelmäßig öffentliche und politische Ämter per Los bestimmt.
Externe Links
Kontakt
Dr. Angela Jain, angela.jain@bertelsmann-stiftung.de