In Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung veranstaltete die Europäische Kommission ihren ersten vollständig digitalen grenzüberschreitenden EU-Bürgerdialog. 105 zufällig ausgewählte Bürger:innen aus Dänemark, Deutschland, Irland, Italien und Litauen kamen drei Tage lang auf ZOOM online zusammen, um über die demokratische, digitale und grüne Zukunft Europas zu diskutieren. Durch die Zufallsauswahl repräsentierten sie die Vielfalt der Gesellschaft. Sie tauschten sich von zu Hause in ihrer Muttersprache aus, unterstützt von Moderator:innen und Simultanübersetzer:innen in fünf Sprachen.
Die Diskussionen fanden abwechselnd in Plenarsitzungen, thematischen Gruppen und Tischgruppen statt. Die Teilnehmenden lernten von Expert:innen und entwickelten gemeinsam eine Reihe von Ideen und Vorschlägen, die in der 90-minütigen Abschlusssitzung mit der Exekutivvizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Vestager und Kommissar Virginijus Sinkevičius diskutiert wurden.
Ort
Dauer
Videos (Youtube/Vimeo)
Hintergrund
Im Jahr 2020 hat die EU entschieden, mit der Konferenz über die Zukunft Europas die Bürger stärker in die Gestaltung der Zukunft Europas einzubeziehen. Doch angesichts der anhaltenden Covid-19-Krise sind physische Treffen, ein Eckpfeiler früherer Bürgerdialoge, auf absehbare Zeit unmöglich geworden.
Aus diesem Grund haben sich die Europäische Kommission und die Bertelsmann Stiftung erneut zusammengetan, um das Format des Bürgerdialogs auf die nächste Stufe zu heben und ins Internet zu verlagern. Mit neuester Videokonferenztechnik schaffen sie die Möglichkeit, Bürgerbeteiligung digital von Angesicht zu Angesicht durchzuführen. Der Zugang zur Technologie ist niedrigschwellig, es gibt interessante Features für mehr Interaktion. Der Dialog findet zwischen den Bürger:innen und mit Politik und Verwaltung statt.
Ziel
Ziel des Dialogs war es, mit digitalen Bürgerdialogen ein neues Mittel zu erforschen, um die Zivilgesellschaft – Bürger:innen aus ganz Europa – zusammenzubringen und von der Basis Vorschläge für die demokratische, digitale und grüne Zukunft Europas zu erarbeiten.
Das Konzept ist eine Alternative bzw. eine Ergänzung zu partizipativen Formaten der Bürgerbeteiligung, die auf direkter Begegnung und persönlichen Kontakt beruhen.
Prozess
105 Teilnehmende – zwischen 19 und 22 pro Land - versammeln sich virtuell in kleinen und großen Gruppen an Tischen, in Themengruppen und im Plenum. Sie diskutieren in ihren Muttersprachen zu den 3 Themen Digitales, Grünes und Demokratisches Europa, während Simultan-Dolmetscher:innen übersetzen. Die Bürger:innen treffen sich in 13 unterschiedlichen digitalen Räumen. Zoom wurde mit einem speziellen Dolmetschfeature eines Dienstleisters kombiniert. So konnten alle zusammenarbeiten.
Die Debatten an den Tischen erfolgten in drei Runden: In der ersten Diskussionsrunde tauschten sich die Bürger:innen in nach Ländern gemischten Tischgruppen über ihre Erfahrungen aus und sammelten Ideen. In der zweiten Runde reflektierten und vertieften sie ihre Ideen in den Tischgruppen. In der dritten Runde erarbeiteten sie in ihren gemischten Tischgruppen Vorschläge für die Diskussion mit den EU-Kommissaren.
1. Tag. 1,5 Std:
Am ersten Tag des Bürgerdialogs lernten die Teilnehmenden sich gegenseitig, den Ablauf des Dialogs und die Technik kennen. Dann folgte der erste Austausch in neun Tischgruppen: Wie schauen wir heute auf Europa?
2. Tag, 2,25 Std.
Start der thematischen Tischdiskussionen in den drei Themengruppen. An drei Tischen pro Thema diskutierten jeweils zehn bis vierzehn Bürger:innen, unterstützt von einer Tischmoderation und zwei Simultandolmetscher:innen pro Tisch. Zwei Experten geben Input und unterstützen. Schwerpunkte: Erfahrungen austauschen, informieren, erste Ideen entwickeln.
3. Tag: 4,5 Std.:
Fortsetzung der Arbeit in den Tischgruppen. Schwerpunkte: Ideen weiterentwickeln und priorisieren, konkrete Vorschläge erarbeiten.
Den Abschluss des Bürgerdialogs bildete die Diskussion der konkreten Vorschläge im Plenum mit der Exekutivvizepräsidentin der EU-Kommission Margrethe Vestager und Kommissar Virginijus Sinkevičius – aufgelockert durch Umfragen und Publikumsbeiträge.
Ergebnisse
Das Format des grenzüberschreitenden digitalen EU-Bürgerdialogs mit interaktiven Elementen ist erfolgreich. Die Teilnehmenden gaben ein überwältigend positives Feedback, die Diskussionen, die Technik und die Simultanübersetzung wurden hoch bewertet.
- Die Zufallsauswahl gewährleistet einen Bürgerdialog mit ganz unterschiedlichen Menschen und Meinungen aus Europa
- Das Dolmetsch-Verfahren sorgt trotz Komplexität für eine sehr gute Verständigung und hohe Diskussionsqualität
- Die Qualität der inhaltlichen Diskussion in europäischen Bürgergruppen ist auf hohem Niveau
- Strukturierte Dialoge zwischen EU-Bürger:innen bereiten den Weg zu qualifizierten Diskussionen mit EU-Politiker:innen
- Der Dialog mit Bürger:innen aus mehreren EU-Staaten stärkt die Identifikation mit Europa
Ein Auszug aus den konkreten Forderungen der Themengruppen:
- „Botschafter des europäischen Volks“, damit Europa demokratischer wird. Die Abgeordneten des europäischen Parlaments reichen nicht aus, es braucht europäische Bürger:innen in jedem Gremium der EU.
- Ausarbeitung von Rechtsvorschriften, die sicherstellen, dass große Technologieunternehmen, ihren gerechten Anteil an Steuern zahlen, entweder durch eine europäische Steuer oder durch nationale Gesetzgebung.
- Unterstützung umweltfreundlicher Unternehmen, um auf dem auf dem Markt wettbewerbsfähiger zu sein sowie strengere Vorschriften und Geldbußen für umweltschädliche und/oder nicht konforme Unternehmen.
Weitere Informationen
Botsch@fter des europäischen Volkes – EU-Kommissare im Bürgerdialog: Bertelsmann Stiftung (bertelsmann-stiftung.de)
Transnational Digital Citizens' Dialogue: Bertelsmann Stiftung (bertelsmann-stiftung.de)
Weitere Informationen zu dialogischen Verfahren, innovativen Methoden und Praxisbeispielen zu Beteiligungsformaten auf europäischer Ebene sind der Internetseite des Projektes „Demokratie und Partizipation in Europa“ der Bertelsmann Stiftung zu entnehmen:
www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/demokratie-und-partizipation-in-europa/
Kontakt
Anna Renkamp
anna.renkamp@bertelsmann-stiftung.de
Dr. Dominik Hierlemann
dominik.hierlemann@bertelsmann-stiftung.de