Das Observatorium (OC) verfolgte zwei Hauptaufgaben: Zum einen arbeitete es eigeninitiativ zu kommunalen Themen, begleitete die Kommunalpolitik kritisch und entwickelte Empfehlungen zu brennenden stadtpolitischen Fragen. Die Fragen und Empfehlungen legte es dem Stadtrat zur obligatorischen Befassung vor und dieser sollte dann innerhalb von drei Monaten eine Rückmeldung geben. Zum anderen bearbeitete es auch Bürger*innenvorschläge, die auf der Webplattform Decide die meisten Stimmen bekamen, prüft diese und gab Empfehlungen, ob eine Bürgerbefragung/Referendum zu diesem Thema abgehalten werden sollte.
Ort
Dauer
Videos (Youtube/Vimeo)
Hintergrund
Seit dem Jahr 2015 hat die Stadt Madrid begonnen, schrittweise seine demokratischen Institutionen durch Formen unmittelbarer Bürger*innenbeteiligung zu ergänzen. Weltweite Beachtung fand dabei die online Beteiligungsplattform Decide, die Bürger*innen online die Möglichkeit gab, sich transparent über städtische Pläne zu informieren und Stadtpolitik aktiv mitzugestalten. 2017 führte die Stadt einen vielfach beachteten Beteiligungsprozess 2017 (G1000 Madrid) durch, der Vorbild für das Observatorium war. Anfang 2019 baute man ein dauerhaftes Beteiligungsgremium auf, um Bürger*innenbeteiligung bei städtischen Entscheidungen zu stärken und dem Stadtrat und der Verwaltung dieses Gremium zur Seite zu stellen, das deren Handeln kontrolliert und begleitet. Durch den Regierungswechsel im Mai 2019 wurde das Projekt eingestellt.
Ziel
Ziel war es eine dialogische Beteiligung von Bürger*innen an stadtpolitischen Entscheidungen aufzubauen, die bürgerschaftliche Kontrolle und Transparenz stadtpolitischer Handlungen zu erhöhen und in einem dialogorientierten Forum Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Das Observatorium soll ein dauerhaftes Bindeglied zwischen Bürger*innen und Stadtrat darstellen.
Prozess
30.000 zufällig ausgewählte Madrilen*innen über 16 Jahre erhielten Einladungen zum Beteiligungsverfahren. Auf die Einladung antworteten 1.135 Bürger*innen. Aus dieser Gruppe wählten die Organisatoren 49 Bürger*innen und 49 Stellvertreter*innen nach den Kriterien Geschlecht, Alter und Wohnort aus. Das Gremium wählte eine/n Präsident*in, der/die für drei Jahre als Bindeglied zur Stadtverwaltung fungieren und die Kommunikation nach außen übernehmen sollte. Alle Madrilen*innen konnten gewählt werden, solange sie nicht ein politisches Amt innehatten, das im Konflikt zu den Aufgaben des Observatoriums steht. Die Bürger*innen sollten sich mindestens acht Mal im Jahr treffen und dafür eine Aufwandsentschädigung erhalten. Die Mitglieder sollten bei ihrer Arbeit auf die Beratungsleistungen durch Vertreter*innen der Stadtverwaltung, unabhängige Beratungsfirmen sowie Wissenschaftler*innen zurückgreifen. Das Gremium war befugt Bürger*innenbefragungen zu initiieren. Die Arbeit findet in Kleingruppen von sechs bis sieben Personen statt. Die Laien informieren sich zunächst über den Sachstand zum Thema und gleichen sie mit Expert*inneneinschätzungen ab. Im Plenum stimmen dann alle über die Vorschläge ab und erarbeiten eine Stellungnahme mit Verbesserungsvorschlägen. Innerhalb von maximal 90 Tagen sollte der Stadtrat auf diese Empfehlungen reagieren und gegebenenfalls einen Aktionsplan vorlegen. Dem OC wurde zudem die Möglichkeit eingeräumt, die am meisten unterstützten Vorschläge auf decide weiter zu verfolgen und ein Referendum dazu einzuberufen, auch wenn sie nicht das gesetzlich vorgeschriebene Minimum erreicht haben.
Ergebnisse
Mit dem Regierungswechsel im Mai 2019 wurde das Verfahren nach nur zwei Monaten wieder eingestellt. Daher konnten keine Ergebnisse erarbeitet werden. Das Observatorium galt als ein weiterer wichtiger Baustein im Umbau Madrids zur partizipativen Demokratie. Diese Transformation wird kontinuierlich vorangetrieben. Das Observatorium sollte die permanente Kontrolle und Aufsicht über stadtpolitische Initiativen ermöglichen. Eine erste Untersuchung zeigte, dass es bei dem Rekrutierungsverfahren und bei der Umsetzung der eigenen Aufgaben Verbesserungspotentiale gab. Z. B. war in dem Bürgergremium kein/e Einwander*in vertreten, obwohl 15 Prozent der Bewohner*innen Madrids einen Migrationshintergrund besitzen. Zudem gab es Spannungen zwischen der eigenen Agenda und dem unabhängigen Beratungsauftrag. Darüber hinaus benötigt der strukturelle Umbau der lokalen Demokratie Kontinuität im Regierungshandeln.