Der Bürger*innenrat ist ein mehrstufiges Beteiligungsverfahren, welches in der Vorarlberger Landesverfassung festgeschrieben ist. In dem Bürger*innenrat kommen zufällig ausgewählte Bürger*innen für ein Wochenende zusammen und diskutieren zu verschiedenen Themen Lösungen für das gesellschaftliche Zusammenleben. Die erarbeiteten Vorschläge und Ideen werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und breit diskutiert.
Ort
Dauer
Videos (Youtube/Vimeo)
Hintergrund
Das österreichische Bundesland Vorarlberg ist geprägt durch seine gebirgige Landschaft, ebene Flächen sind rar. Seit den 1970er Jahren wird das Thema Flächennutzung gesellschaftlich kontrovers diskutiert. Dabei geht es um die Frage, ob die knappen Flächen durch Landwirtschaft, Tourismus, Wohnen, Erholung, Industrie oder Gewerbe genutzt werden. In den vergangenen Jahren spitzte sich der Konflikte zu, zahlreiche Initiativen und Gegeninitiativen bildeten sich. Daher sammelten sechs Bürger*innen Unterschriften für einen Bürger*innenrat zum Thema knappe Flächen. Die Initiative erreichte das notwendige Quorum und der Rat startete im Jahr 2017.
Ziel
Ziel des Bürger*innenrates war es bei den Teilnehmenden und in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein für den Umgang mit Grund und Boden in Vorarlberg zu schaffen und Ideen bzw. Vorschläge aus Sicht der Bürger*innen in den Diskussionsprozess einzubringen. Darüber hinaus sollten die Ergebnisse an den Leitbildprozess „Raumbild 2030“ angeknüpft werden und ein Positionspapier für die Debatte zum Umgang mit Grund und Boden erstellt werden.
Prozess
Der Beteiligungsprozess besteht aus drei Formaten:
- Bürger*innenrat,
- Bürger*innencafé und
- Resonanzgruppe.
Im ersten Schritt tagte der Bürger*innenrat 1,5 Tage nicht öffentlich und sammelte in Kleingruppen Ideen und Empfehlungen. Die Moderation unterstützte die Teilnehmer*innen dabei, offene, gleichberechtigte und inklusive Gespräche zu führen und kreative Lösungen zu finden.
Die Beratungen strukturierten sich durch vier Themen:
- Herausforderungen/Fragen,
- Lösungen/Ideen,
- Bedenken/Einwände sowie
- Informationen/Sichtweisen.
Anschließend trugen die Teilnehmenden Empfehlungen zusammen.
Im zweiten Schritt lud man im Büger*innencafé alle interessierten Bürger*innen und Medienvertreter*innen ein und präsentierte und diskutierte die Ergebnisse an einem Tag. Die interessierten Bürger*innen bestätigten die Ergebnisse des Bürger*innenrates mehrheitlich. Gemeinsam schärfte man die Empfehlungen und hielt diese fest.
Im letzten Schritt diskutierte die Resonanzgruppe, ein Zusammenschluss aus Vertreter*innen aller zuständigen Institutionen (z.B. Landesrat, Abteilung Raumplanung und Baurecht) sowie Vertreter*innen des Bürger*innenrates, die Vorschläge. Ziel war es die Ergebnisse weiter zu verdichten und Anschluss- und Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Ergebnisse des Bürger*innenrates übergab man der Landesregierung.
Ergebnisse
Die Beteiligung löste eine öffentliche Debatte zum Thema aus. Die Empfehlungen der Bürger*innen wurden breit diskutiert und die Sorge um den gerechten und sorgsamen Umgang mit Grund und Boden öffentlich geteilt. Die Empfehlungen gingen in die Landespolitik ein (bspw. Prozess zur Novelle des Raumplanungsgesetzes und in das Leitbild Raumbild Vorarlberg 2030).
Der Bürger*innenrat verdeutlicht, dass die Initiierung von unten die politische Agenda der Landespolitik erweitert und die öffentliche Meinungsbildung stimuliert. Das etablierte Format der Bürger*innenräte löst in der Politik des Landes keine Befürchtungen mehr aus, sondern wird als bereicherndes Element der Demokratie verstanden. Ambitionierte Bürger*innenbeteiligung setzt Impulse für eine erweiterte Zukunftsperspektive und stärkt die Interessen zukünftiger Generationen. Die öffentlichen Diskussionen durch den Bürger*innenrat zeigten, dass über die Rolle der Landwirtschaft Diskussionsbedarf besteht. Daher folgte im Herbst 2019 der zweite zivilgesellschaftlich initiierte Bürger*innenrat.
Weitere Informationen
In Vorarlberg kamen weitere Bürger*innenräte zu anderen Themen zusammen. Informationen dazu sind den folgenden Links zu entnehmen:
Kontakt
Michael Lederer
beteiligung@vorarlberg.at