An dem Bürgerdialog in Passau nahmen zufällig ausgewählte deutsche, tschechische und österreichische Bürger*innen teil. Nach der Begrüßung fanden sie sich in kleinen Tischgruppen zusammen und diskutierten mit der Unterstützung von Dolmetscher*innen und Tischmoderator*innen über die drei Themen Grenzregionen, Flüchtlingspolitik und Sozialpolitik. Zu diesen Themen formulierten sie Vorschläge und Fragen, die sie an den Tischen mit lokalen, regionalen und europäischen Politiker*innen diskutierten. Abgeschlossen wurde der Bürgerdialog mit einer Plenumsdiskussion zu den erarbeiteten Vorschlägen und Fragen mit Prof. Dr. Martin Selmayr, Generalsekretär der Europäischen Kommission.
Ort
Dauer
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Hintergrund
Von Januar 2018 bis April 2019 wurden europaweit insgesamt rund 1.100 Bürgerdialoge von der EU-Kommission veranstaltet. Der traditionelle EU-Bürgerdialog basiert auf individuellen Fragen der Teilnehmenden und den Antworten der EU-Kommissar*innen. In der Regel nehmen Bürger*innen aus einer Region Europas teil, die sich für die EU interessieren und sie befürworten. Erstmalig wurde in Passau ein grenzüberschreitender EU-Bürgerdialog mit Bürger*innen aus drei europäischen Ländern durchgeführt. Das „klassische“ Dialogformat wurde dabei um drei innovative Elemente erweitert: die Auswahl der Bürger*innen erfolgte nach dem Zufallsprinzip, ein neues Dolmetsch-Verfahren für mehrsprachige Diskussionen wurde an den Tischen erprobt und ein vertiefter interaktiver Dialog nach der “World Café” Methode wurde durchgeführt.
Ziel
Das Ziel der EU-Bürgerdialoge ist es die Verständigung zwischen der politischen Elite aus Brüssel und den EU-Bürger*innen vor Ort zu verbessern. Bei den Bürger*innen führt der Dialog zu mehr Verständnis für politische Prozesse und Entscheidungsfindungen in der EU. Darüber hinaus erleben die Bürger*innen Europa hautnah. Der Austausch zwischen Bürger*innen unterschiedlicher Herkunft weitet den Blick und der direkte persönliche Kontakt zu Bürger*innen anderer europäischer Länder stärkt die Identifikation mit Europa.
Prozess
Die 120 Bürger*innen diskutierten an zwölf Tischen über den Zusammenhalt in Europa. Vier Tische befassten sich mit dem Thema Grenzregionen, vier Tische mit dem Thema Flüchtlingspolitik und vier Tische mit dem Thema Sozialpolitik. Die Diskussionen fanden in drei Runden statt.
- Der Bürgerdialog startete mit Diskussionen zwischen den Bürger*innen. An international gemischten Tischen diskutierten die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen und trugen Ideen zusammen. Zwischendurch wechselten die Bürger*innen die Tische innerhalb ihres Themas und berichteten ihren Landsleuten von den stattgefundenen Gesprächen.
- In der zweiten Runde wurden die zuvor gesammelten Ideen intensiver diskutiert. Die Bürger*innen einigten sich auf einen gemeinsamen Vorschlag. In der zweiten Runde diskutierten die Bürger*innen ihre gemeinsam erarbeiteten Ideen mit 12 Europaabgeordneten, Bürgermeistern und Vertretern von EU-Institutionen.
- In der dritten Runde wurden die konkreten Vorschläge im Plenum vorgestellt und mit Martin Selmayr, Generalsekretär der Europäischen Kommission, diskutiert.
Ergebnisse
Der erste deutsch-österreichisch-tschechische Bürgerdialog war aus Sicht der Bürger:innen ein großer Erfolg. Besonders der grenzüberschreitende Charakter der Veranstaltung, der interkulturelle Austausch und die Möglichkeit über wichtige grenzüberschreitende Themen zu diskutieren kam sehr gut an. Ebenfalls empfand ein Großteil der Bürger*innen das direkte Gespräch mit den Politikern in den Gesprächsrunden als bereichernd.
Inhaltlich erarbeiteten die Bürger mehrere Vorschläge zu den drei Diskussionsthemen.
- Beim Thema Grenzregionen ist den Bürger*innen für die Zukunft wichtig den grenzüberschreitenden Kulturaustausch zu fördern, schulische und berufliche Leistungen einfacher im EU-Ausland anerkannt zu bekommen und eine Infrastruktur zu schaffen, welche die Beziehungen in den Grenzregionen verbessert.
- In der Flüchtlingspolitik haben sich die Bürger*innen dafür ausgesprochen eine gerechtere Verteilung von Geflüchteten in der EU zu erreichen, Fluchtursachen aktiver zu bekämpfen und die gemeinsamen Grenzen zu schützen.
- Beim Thema europäische Sozialpolitik fordern die Bürger*innen eine Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt und der beruflichen Ausbildung, die Herstellung eines sozialen Friedens und die Entwicklung von Pilotprojekten in den Bereichen Arbeitslosenhilfe und Kindergeld.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zu dialogischen Verfahren, innovativen Methoden und Praxisbeispielen zu Beteiligungsformaten auf europäischer Ebene sind der Internetseite des Projektes „Demokratie und Partizipation in Europa“ der Bertelsmann Stiftung zu entnehmen:
www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/demokratie-und-partizipation-in-europa/