Auf dem Bürgerdialog in Frankfurt/Oder wurde über den Zusammenhalt in Europa, die Weiterentwicklung der EU und über Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung diskutiert. Zunächst diskutierten polnische und deutsche Studierende miteinander und erarbeiteten Fragen und Lösungsvorschläge, die sie auf mehreren Pinnwänden festhielten. Die Ideen der Studierenden wurden den Bürger*innen daraufhin im lockeren Gespräch vorgestellt. Anschließend fand der große Bürgerdialog zwischen den Studierenden, den polnischen und deutschen Bürger*innen und den Politker*innen statt. Im Plenum wurden ihre Ideen und Vorschläge gemeinsam diskutiert.
Ort
Dauer
Hintergrund
Von Januar 2018 bis April 2019 wurden europaweit insgesamt rund 1.100 Bürgerdialoge von der EU-Kommission veranstaltet. Der traditionelle EU-Bürgerdialog basiert auf individuellen Fragen der Teilnehmenden und den Antworten der EU-Kommissar*innen. In der Regel nehmen Bürger*innen aus einer Region Europas teil, die sich für die EU interessieren und sie befürworten. Erstmalig wurde in Frankfurt/Oder ein grenzüberschreitender EU-Bürgerdialog mit Bürger*innen aus zwei europäischen Ländern durchgeführt. Das „klassische“ Dialogformat wurde dabei um zwei innovative Elemente erweitert: der Einsatz von Apps zur Spracherkennung für Polnisch und Deutsch sowie interaktive Methoden wie die “World Café” und digitale Umfragen.
Ziel
Das Ziel der EU-Bürgerdialoge ist es die Verständigung zwischen der politischen Elite aus Brüssel und den EU-Bürger*innen vor Ort zu verbessern. Bei den Bürger*innen führt der Dialog zu mehr Verständnis für politische Prozesse und Entscheidungsfindung in der EU. Darüber hinaus erleben die Bürger*innen Europa hautnah. Der Austausch zwischen Bürger*innen unterschiedlicher Herkunft weitet den Blick und der direkte persönliche Kontakt zu Bürger*innen anderer europäischer Länder stärkt die Identifikation mit Europa.
Prozess
Der EU-Bürgerdialog fand in zwei Phasen statt.
In der ersten Phase wurde ein Workshop mit deutschen und polnischen Studierenden zur Vorbereitung des EU-Bürgerdialoges durchgeführt. Die Studierenden diskutierten an neun Tischen zu den drei Themen Zusammenhalt in Europa, Weiterentwicklung der EU und Wie kann und will ich mitmachen? Die Diskussionen fanden in zwei Runden in gemischten deutsch-polnischen Gruppen statt. In der ersten Runde tauschten die Studierenden ihre Erfahrungen aus und sammelten Ideen zu den drei Themen. Während dieser Diskussionsrunde fanden zwei Tischwechsel statt. In der zweiten Diskussionsrunde wurde an je drei Tischen ein Thema behandelt und vorherige Ideen zu dem jeweiligen Thema priorisiert und Vorschläge bzw. Fragen erarbeitet. Diese wurden anschließend im Plenum präsentiert. Durch Punktevergabe wurden die Vorschläge ausgewählt, die in der zweiten Runde mit den Politiker*innen diskutiert werden sollten.
In der zweiten Phase stellten die Studierenden den Bürger*innen und den Politiker*innen ihre Vorschläge vor. Im Anschluss diskutierten die Studierenden darüber mit Frans Timmermanns, Erster Vizepräsident der Europäischen Kommission und EU-Kommissar für Migration, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte, Elżbieta Polak, Woiwodschaftsmarschall von Lebus und Stefan Ludwig, Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg die Vorschläge sowie Bürger*innen aus der polnisch-deutschen Grenzregion. Darüber hinaus wurden Meinungsbilder der gesamten Bürgergruppe anhand von digitalen Abstimmungen und Kartenabstimmungen eingeholt, Murmelrunden durchgeführt und Gespräche mit den Politiker*innen in Kleingruppen im Saal geführt.
Ergebnisse
Der erste deutsch-polnische Bürgerdialog war aus Sicht der Bürger*innen ein großer Erfolg. Besonders der grenzüberschreitende Charakter der Veranstaltung, die verschiedenen Methoden und die Bereitschaft der Politiker*innen den Bürger*innen zuzuhören wurden sehr positiv bewertet. Zudem schätzte der Großteil der Bürger*innen die Möglichkeit, durch die Bürgerdialoge die EU-Demokratie besser zu verstehen.
Inhaltlich erarbeiteten die Studierenden mehrere Vorschläge zu den drei Diskussionsthemen:
- Beim Thema Zusammenhalt in Europa ist den Studierenden für die Zukunft wichtig, die EU-Institutionen durch eine Demokratisierung der Strukturen stärker zu legitimieren, die Privatsphäre durch die Verhinderung von Datenmissbrauch zu schützen und die gemeinschaftliche Zusammenarbeit zu stärken.
- Für die Weiterentwicklung der EU haben sich die Studierenden dafür ausgesprochen, die sozialen Standards der EU durch eine gemeinsame europäische Arbeitslosenhilfe zu erhöhen, eine europäische Identität zu kreieren und mehr Partizipation von EU-Bürger*innen an politischen Entscheidungsprozessen zu ermöglichen.
- Beim Thema Mitmachen fordern die Studierenden mehr Bürgerdialoge, Online-Plattformen und Umfragen, mehr Medienaufmerksamkeit für EU-Themen, eine Erhöhung der Wahlbeteiligung und breitere Partizipationsmöglichkeiten für Bürger*innen.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zu dialogischen Verfahren, innovativen Methoden und Praxisbeispielen zu Beteiligungsformaten auf europäischer Ebene sind der Internetseite des Projektes „Demokratie und Partizipation in Europa“ der Bertelsmann Stiftung zu entnehmen:
/www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/demokratie-und-partizipation-in-europa/