Unter dem Titel "Tomorrow's Europe" fand 2007 der erste EU-weite, transnationale Deliberative Poll statt. Insgesamt nahmen 362 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus 27 Mitgliedstaaten an der Veranstaltung teil. Sie versammelten sich im Europäischen Parlament in Brüssel, um ein Wochenende lang über vielfältige gesellschaftliche, wirtschaftliche und außenpolitische Fragestellungen zu diskutieren, die die EU und ihre Mitgliedstaaten betreffen.
Dauer
Hintergrund
Deliberative Polling stellt eine Alternative zu traditionellen Meinungsumfragen dar. Die Befragungsmethode macht deutlich, welche Meinungsänderungen sich ergeben, wenn die Teilnehmer die Gelegenheit erhalten, sich stärker über Themen zu informieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen.
Ziel
Das Ziel der transnationalen Befragung war es, herauszufinden, ob sich die Meinung der Befragten ändert, wenn sie die Gelegenheit erhalten, sich intensiv mit einem Thema auseinanderzusetzen. Die Stichprobe führte erstmals zufällig ausgewählte Bürger aus allen EU-Mitgliedstaaten zusammen. Dadurch sollte ein Meinungsbild der EU entstehen, das über nationale Grenzen hinausgeht.
Prozess
Der Deliberative Poll deckte vier Themenbereiche ab: Rentensysteme, die Rolle der EU als globaler Akteur, die Wettbewerbsfähigkeit der EU sowie die Erweiterung um zusätzliche Mitgliedstaaten.
Am Anfang des Prozesses stand die Teilnehmerauswahl, die durch das Umfrageinstitut TNS Sofrès erfolgte. In der ersten Phase wurden Vorbefragungen mit rund 3.500 Personen geführt, von denen anschließend eine Zufallsauswahl von rund 360 Personen nach Brüssel eingeladen wurde. Die Auswahl der Ländervertreter erfolgte proportional zu der Anzahl der Delegierten im Europäischen Parlament und somit proportional zu der Einwohnerzahl der einzelnen Länder.
Die Befragung der Teilnehmer erfolgte in drei Wellen: das Auftaktinterview fand noch vor dem Veranstaltungswochenende telefonisch und in einigen Ländern persönlich statt. In Brüssel füllten sie jeweils einen Fragebogen zu Beginn und zum Abschluss der Veranstaltung aus. Die Themen wurden einerseits in kleinen Arbeitsgruppen unter Anleitung eines professionellen Moderators diskutiert. Andererseits fanden Frage-Antwort-Sitzungen im Plenum statt, an denen Politiker und Politikexperten teilnahmen.
Ergebnisse
Der Vergleich der Befragungswellen offenbart in einigen Bereichen deutliche Meinungsänderungen bei den Teilnehmern. Während sich zunächst nur 26 Prozent der Befragten für eine Erhöhung des Rentenalters aussprachen, stieg der Anteil der Befürworter in der zweiten Runde auf 40 Prozent. In anderen Bereichen fielen die Unterschiede weniger deutlich aus. So stimmten vor der Deliberationsphase 65 Prozent der Befragten für eine Erweiterung der EU um zusätzliche Staaten, wenn diese die wirtschaftlichen und politischen Voraussetzungen erfüllen. Nach der Deliberation belief sich die Zustimmung auf 60 Prozent.
Allgemein zeigte sich, dass die Meinungen der 12 neuen und 15 alten Mitgliedstaaten vor der Veranstaltung deutlich divergierte, während sich die Meinungen nach dem Wochenende anglichen.